Manche Destillate, Drinks, Weine oder auch Speisen erschließen sich sofort. Sie sind zugänglich und nahbar. Sie sind leicht verständlich oder müssen gar nicht erst verstanden werden. Ein kühles Helles gehört dazu, ein Teller Spaghetti Aglio e Olio, ein Glas Kabinett von der Mosel oder ein Mojito. In guter Qualität sind das ohne Frage Highlights, aber sie sind nicht das ganze kulinarische Leben.
Auf der anderen Seite stehen die Komplexen, Schwierigen, Anspruchsvollen. Sie machen es einem manchmal nicht leicht und fordern Beschäftigung ein, doch belohnen oft mit spannenden und neuartigen Erlebnissen und Aromen, die es auf der Seite der Zugänglichen nicht gibt. Wichtig dabei: Es darf nicht zu viel des Schwierigen werden. Irgendwann erreicht man einen Kipppunkt, nach dem es einfach nicht mehr gut schmeckt. Das mag noch interessant sein, ist aber nicht mehr mit Genuss zu trinken. Da reicht ein Schluck, der Rest bleibt in der Flasche. Hier den richtigen Weg zu finden, kann schwierig sein.

Spiritus Rex Montana Nera – Brand von der schwarzen Bergfeige (Jg. 2020)
Nase:
Ein sehr volles und umfassendes Feigenaroma ist wahrnehmbar. Tief und dunkel, sofot wird ein Schalter „violett“ im Gehirn aktiviert. In der Nase sticht vor allem der Geruch der ledrig-duftigen Schale einer frischen Feige heraus, der bei guter Reife schon den kommenden Genuss ahnen lässt.
Gaumen:
Hier kommt erst das Feuer und dann die volle Breite der Frucht. Das feuerrot leuchtende Fruchtfleisch und seine etwas sanftere Fruchtigkeit sind dominant, aber auch der Geschmack, der ausgelöst wird, wenn man auf die Kerne beißt. Die Aromen der Schale sind ebenfalls dabei, was einen sehr kompletten, vollständigen Eindruck hinterlässt.
Man stelle sich eine Feige vor. Klein, rund, so dunkelviolett, dass sie fast schwarz schimmert. Dann schneidet man sie auf – dieser Moment ist die Assoziation, die dieser Brand auslöst. Extrem viele Aromen frisch aufgeschnittener Feigen sind schon in der Nase wahrzunehmen. Man schmeckt jeden Teil der Frucht. Kerne, Schale, den Saft, der an der Schnittkante austritt. Ein Destillat für den Winter.
Wenn Mattias Sievert brennt, bleibt für gewöhnlich kein Stein auf dem anderen und die Destillate sind außergewöhnlich. Bei seinem Brand von der schwarzen Bergfeige werden die gesamten Früchte zu exakt dem Zeitpunkt eingemaischt, wenn sie zum Essen schon einen Hauch zu weich und zu reif sind. Dann entfalten sich die Aromen beim langsamen Destillieren optimal.
Das Ergebnis ist in Reinform ein Brand für Fortgeschrittene. Er braucht etwas Beschäftigung und Zeit, aber belohnt mit sehr intensiven, vollmundigen und feinen Aromen, die in einer großen Klarheit herausgearbeitet werden.
Es gilt wie immer unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen! Trinklaune.de hat zur Verkostung eine Produktprobe erhalten. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.
Einen Kommentar schreiben