Zwei Individualisten – Marie Courtin Blanc de Blancs und Blanc de Noirs 2018

Obwohl wir die Champagner von Dominique Moreau, die 2001 ihr Weingut Marie-Courtin gegründet hat, sehr schätzen, gibt es bisher nur einen alten Artikel zu einem ihrer Weine, der Cuvée Efflorescence aus 2007. Seitdem sind viele Trauben gepresst worden und das Portfolio des Hauses ist angewachsen, doch nach wie vor ist es angenehm übersichtlich, die Rebfläche beträgt nur 2,5 Hektar und befindet sich in Polisot, in der Côte des Bar.

Wir werfen heute einen Blick in die Spitze des Sortiments von Marie-Courtin und trinken zwei Champagner aus dem Jahr 2018, die sich der Cuvée-Nomenklatur aus Resonance, Efflorescence, Concordance, Eloquence usw. entziehen. Sie tragen schlicht die Bezeichnung „Blanc de Blancs“ und „Blanc de Noirs“.

Das Jahr 2018 war in der Champagne von Wärme geprägt, der Sommer war der zweitwärmster nach 2003. Die Erntemengen waren nach einem katastrophalen Jahrgang 2017 hoch, die Qualität überzeugt ebenfalls sehr, trotz relativ geringer Säurewerte.

Marie-Courtin 2018 – Blanc de Blancs und Blanc de Noirs

Die beiden Champagner aus dem Jahr 2018 wurden jeweils elf Monate lang in Amphoren ausgebaut, die Trauben entstammen Weinbergen mit massaler Selektion. Es handelt sich somit nicht um identische Klone, sondern um Reben verschiedenen Erbgutes, die im Weinberg stehen. Hier enden die Gemeinsamkeiten der beiden Weine, der Blanc de Noirs ist ein reiner Pinot Noir, der Blanc de Blancs hingegen besteht zu 60 % aus Chardonnay, 35 % aus Pinot Blanc und 5 % aus Arbane. Die beiden letztgenannten sind klassische alte Champagnerreben, mengenmäßig aber vernachlässigbar und deswegen nur noch recht selten in Cuvées anzutreffen.

Marie-Courtin Blanc de Blancs 2018
60 % Chardonnay, 35 % Pinot Blanc, 5 % Arbane; Extra Brut

Nase:
Birne, frisch abgerupfte Brennnesseln, Limettenschale. Dazu sowohl Feuerstein als auch eine ins Kantig-Kalkige gehende Mineralität und etwas Bergamottenduft. Mit Zeit merkt man mehr und mehr, dass auch etwas Charmantes mit dabei ist, einladender Schmelz.

Gaumen:
Deutlich wird sofort: Das ist ein Champagner mit Substanz, der trotz seiner Frische in einem guten Zeitfenster geöffnet wurde. Geradlinig bis zum Umfallen, ein Wein fast zu Kauen. Da ist viel, was sich entfalten darf. Eine solide Säure trägt den Wein mühelos, macht ihn frisch und energiegeladen. Lebendig und knackig, aber nicht zu heftig.

Zitrusaromen, Birnenschale und geröstete Kokosnuss kann man herausgreifen, beim Mundgefühl tritt ein herrlicher Schmelz vom Pinot Blanc zutage. Eine lebendige und kräftige, aber nicht überschäumende oder grobe Perlage ermöglicht dem Wein, sich voll zu entfalten.

Ein Champagner wie ein ganz feines Parfum – mit hoher Präsenz, viel Energie und attraktivem Schmelz. Pinot Blanc macht Schaumweine, oft bei deutschem Sekt, manchmal träge, weich und wenig spritzig. Hier ist nichts davon der Fall, die Cuvée ist beeindruckend zusammengestellt und eine echte Bereicherung, auch für erfahrene Champagneros.

Marie-Courtin Blanc de Blancs 2018

Marie-Courtin Blanc de Noirs 2018
100 % Pinot  Noir; Extra brut

Nase:
Rote Johannisbeere, Eukalyptus und Zitronenverbene. Nass Kreide ist dabei, dazu etwas Rauch. Mit wenigen Eckpunkten wird ein recht breites aromatisches Spektrum abgedeckt, mit Frucht, ätherischen Noten und Stein.

Gaumen:
Etwas Stieliges, Rappiges macht sich bemerkbar, Bitternoten sind entsprechend dabei. Der Wein braucht Luft, nach dem ersten Schluck haben wir ihn ins Burgunderglas gegeben, was ihm gutgetan hat. Die kantigen Aromen werden dann eingefangen von einer Breitseite weißen und roten Johannisbeeren, erneut leicht rauchigen Tönen, etwas salzig-schäumender Meeresgischt. Ein Reibeisen, noch mehr als der Blanc de Blancs. Die Kohlensäure ist wieder exzellent und trägt den Wein, kann aber nicht kaschieren, dass der Blanc de Noirs noch ein paar Jahre in der Flasche brauchen kann, um sich weiter zu entfalten.

Zwei Individualisten par excellence wurden hier von Dominique Moreau abgefüllt. Vor allem der Blanc de Blancs hat uns sehr begeistert und ist jede Empfehlung wert, wenn man die ausgetretenen Pfade für Champagner über 100 € verlassen möchte. Die aromatische Intensität, die großartige Textur und die spannende Cuvée suchen in dieser Kombination ihresgleichen.

Marie-Courtin Blanc de Noirs 2018

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

Einen Kommentar schreiben

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.