Wie jedes Jahr gibt’s auch 2022 wieder Champagnerempfehlungen für die Feiertage bei Trinklaune. Wir starten mit einer Empfehlung aus der Nachschenken!-Kategorie. Fair bepreiste Champagner, von denen man auch ein paar Flaschen mehr kaufen kann. Gerade bei der Bedrohung der Weinbestände durch Verwandtenbesuch über die Feiertage ist das ein relevanter Faktor.
Die Informationslage zu Champagne Daniel Perrin ist dünn. Die Maison sitzt in Urville, in der Côte des Bar. Es werden 14 ha bewirtschaftet, die Jahresproduktion beträgt 50.000 Flaschen. Die Website atmet noch den Geist des Internets der 1990er, die Etiketten der Champagner sind durchaus nicht designpreisverdächtig – oder zumindest sehr, sehr klassisch gehalten. Das Gute daran: Das schert den genussorientierten Trinker ja eher wenig. Denn hier gibt’s, ohne Übertreibung, einen Top-Champagner aus dem großartigen Jahrgang 2008 für den wirklich schmalen Taler. Über zehn Jahre lag der Wein auf der Feinhefe, weiß ein Händler zu berichten. Auf der Flasche (Rücketikett gibt’s sowieso nicht) sucht man diese Info vergeblich, ebenso die zur Dosage. Geben wir uns also mit „Brut“ zufrieden.

Daniel Perrin 2008
50 % Chardonnay, 50 % Pinot Noir
Nase: Erste Reife ist deutlich, Honig, Mandeln, Haselnüsse. Kräftiges Weizenbrot, reife Birne, Quitte auf der Fruchtseite. Wärmend und golden. Leitaroma: Honig.
Gaumen: Ganz schön stabile Säure, schlanker als erwartet. Allzu hoch dürfte die Dosage hier nicht ausgefallen sein. Ein feiner und eleganter Wein. Honig ist erneut sehr präsent, Zitronen- und Grapefruitabrieb. Hier wieder etwas Brot und Würze. Gewinnt mit Zeit an Volumen. Die Reife ist deutlich schmeckbar, erste Marzipantöne. Etwas Kalkiges kommt dazu.
Wir haben zwei Gläser ausprobiert, Josephinenhütte und Gabriel Gold. Im Gabriel-Glas ist der Wein etwas stimmiger, die Reife in der Nase verstärkt, am Gaumen hingegen weniger präsent. Die Textur wirkt etwas rauer, interessanter. Luft tut gut und aktiviert zu Beginn noch verhaltene Nase.
Mein mich unterstützender Mittrinker aus unserer seit vielen Jahren regelmäßig tagenden Champagnerrunde sagte nach der Blindverkostung: „Für unsere Nerd-Runde ein sehr guter Standardchampagner. Dürfte 50-60 € kosten“ Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Kein absoluter Anfängerwein, dafür ist das Aromenprofil zu komplex und die Reifetöne gewinnen schon etwas zu viel Präsenz. Aber aktuell (und sicher auch noch die nächsten zwei, drei Jahre) ist dieser Champagner herrlich zu trinken. Und den Feiertagen sicherlich mehr als angemessen, abseits vom Standard, aus einem exzellenten Jahr. Und ab 27 € online zu erwerben. Da kann man vorsorgen, falls die Verwandtschaft zu viel trinkt – oder einfach zu anstrengend wird. Nachschenken!
Der Trinkbefehl wurde erhört! Danke für die Verkostung, klingt sehr vielversprechend, ich bin gespannt.
Oh, schön! Hoffentlich gefällt er dir auch so gut wie uns!