Barfuß oder Lackschuh! Dom Pérignon P2 2004

Dieses Jahr gibt’s bei unseren Champagnerempfehlungen keine Grauzone. Entweder entspannt und dennoch sehr genussreich mit Daniel Perrin 2008 – bitte nachschenken! – oder die ganz schweren Geschütze. Nichts dazwischen.

Habt ihr den Verwandtenbesuch mithilfe kartonweise gekauften Champagners der Nachschenken!-Kategorie erfolgreich hinter euch gebracht, müsst ihr nur noch der abreisenden Meute, versorgt mit großen Mengen Braten, Kuchen, Keksen und Stullen für den Heimweg, im Schneetreiben hinterherwinken. Und dann wartet hoffentlich ein beschaulicher Post-Weihnachtsabend – oder schon sehr bald ein fulminanter Jahreswechsel auf euch. Barfuß oder Lackschuh: Hier kommt unsere Empfehlung Nr. 2 für die Feiertage 2022!

Wir sind begeistert, der neue Jahrgang Dom Pérignon P2 ist da! Eines der drei festen Mitglieder der Dom-Pérignon-Familie (wenn man von raren Exoten wie P2 Rosé und P3 absieht), neben dem Vintage (derzeit Jahrgang 2012) und dem Rosé (aktuell 2008). Nach dem Hitzewellen-Jahr 2003 ist mit dem 2004er ein deutlich klassischerer Champagnerjahrgang auf der zweiten Plénitude, dem Reifeplateau, angekommen. Denn das ist das Konzept: Nach ca. acht, neun Jahren wird der Vintage auf den Markt gebracht, auf dem ersten Reifehöhepunkt. Die zweite plénitude (Übersetzung: „Fülle“) ist nach ca. 15-18 Jahren Flaschenreife erreicht. Und die geringe Menge, die es schafft, dem Degorgement zu entkommen, kann sich nach 30, 40 Jahren als P3 im Licht des goldenen Etiketts sonnen.

Heute aber: P2. 2004 war ein Jahrgang, der es den Champagne-Winzerinnen und -winzern leicht gemacht hat. Genug Sonne, die passende Menge Niederschlag, aufgrund der Hitze im Vorjahr war die Wasserverfügbarkeit jedoch nicht zu hoch, sodass sich die Aromen in den Trauben konzentrieren konnten. Wenig Krankheiten in den Weingärten, kühle Nächte, die die Säure erhalten haben – und dazu hohe Erntemengen. Bilderbuchmäßig also. Nicht überraschend, dass es viele hervorragende Jahrgangschampagner aus 2004 gab. Zweifellos sind das vielversprechende Startbedingungen für den P2.

Dom Pérignon P2 2004

Dom Pérignon P2 2004
47 % Chardonnay, 53 % Pinot Noir; 5 gr. / Liter; deg. 08/2021
Nase:
Pure Eleganz mit Gewürzen wie Tonka, dann Vanillecrème, dazu Zedernholz. Im fruchtigen Spektrum Orangenschale und Zitronenschnitze. Sehr erfrischend, fast reinigend klar. Alles in großer Harmonie.
Gaumen:
Ein Füllhorn von Aromen, dicht bepackt, mit ganz feiner Bitterkeit nach hinten ausgestattet. Hier gibt’s sehr viel zu entdecken, auseinanderzuklauben. Was sich in der Nase angekündigt hat, ist auch hier wieder vertreten. Eine fruchtige Dimension mit viel Zitrone hält sich insgesamt zurück, würzig-holzige Noten geben Rückgrat und auch Körper. Dazu kommen drei weitere Dimensionen: Säure, Kohlensäure, kühle Frische. Die Säure ist knackig und ganz schön lebendig, die Kohlensäure gleitet grazil über die Zunge und kleidet den Mundraum aus. Etwas Apfel kommt dazu, Mandeln ebenfalls. Insgesamt klingt das hier ganz schön weihnachtlich, aber der Wein schwebt, ist frei von Schwere oder Süße und ganz klar auf der extrem eleganten Seite angelegt. Mit viel Säure und Struktur ausgestattet und sehr dicht gewirkt. Im Abgang bleibt er pur und rein.

Dom Pérignon P2 2004

Ich bin eigentlich kein Freund von Champagner in Burgundergläsern, zu schnell geht mir die Kohlensäure verloren. Hier ist es aber eine Option mit Berechtigung, so viel Aroma, wie dieser P2 bereithält. Drei Gläser habe ich ausprobiert, das Riedel Dom Pérignon, das Gabriel Gold und das Josephinenhütte Nr. 3. In jedem hat der Champagner toll funktioniert: Im Josephinenhütte am breitesten aufgefächert, aber auch schon mit etwas Skalpellhaftem. Grandios zum Verkosten, nicht perfekt zum Genießen. Das offizielle Dom-Pérignon-Glas bringt ein äußerst harmonisches Ergebnis hervor, im Gabriel schmeckt der Wein am intensivsten. Es hat für mich minimal die Nase vorn.

Man kann sich lange mit diesem Wein beschäftigen, das hat er verdient. Man muss es aber am Ende des Tages nicht, wenn man nicht möchte. Er schmeckt auch ohne eingehendes Eintauchen exorbitant gut. Und ist in seiner Kategorie ziemlich umwerfend.

Klar, für den Preis bekommt man schon fast ein Paar Manolo Blahniks. Doch hier ist er, der Lackschuh. Aber so richtig.

Es gilt unser Disclaimer: Wir schreiben nur über das, was wir mögen!
Trinklaune.de hat für die Verkostung eine Produktprobe erhalten. Daran geknüpft war weder die Verpflichtung zur Berichterstattung noch eine Einflussnahme auf den Inhalt des Artikels.

Torben Bornhöft

Torben Bornhöft beschäftigt sich seit 2004 leidenschaftlich mit Themen rund um Bar, Cocktails und Genuss. Nachhaltig geprägt durch fünf Jahre im Hamburger Le Lion und die Likörproduktion mit Forgotten Flavours liegt Torbens Fokus hier mittlerweile auf den Themen Champagner, Infusionen und Twists auf Klassiker.

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