Blick vom Hotelzimmer auf die Hohe Tatra

Trinklaune in der Tatra – Karloff Distillery (Tatratea)

Auf Einladung von Falk Scholze von VodkaKultur ging es für Oliver und mich Mitte März in die Slowakei. Genauer gesagt in die unmittelbare Umgebung der Tatra, einem Gebirgskomplex in den Karpaten.

Ziel der einwöchigen Reise waren die Karloff Distillery und der Getränkeproduzent GAS Familia. Natürlich wollten wir aber auch Land und Leute sowie die örtliche Kulinarik kennenlernen. Nachdem wir uns in unserem Hotel am Fuße der Hohen Tatra eingerichtet hatten, ging es daher direkt weiter in die nächst große Ortschaft: Kežmarok.

Blick vom Hotelzimmer auf die Hohe Tatra

Blick vom Hotelzimmer auf die Hohe Tatra

Da Falk ortskundig war und ein gutes Gespür für kulinarische Dinge hat, führte er uns in ein kleines Hotel welches typisch regionale Speisen in sehr guter Qualität serviert. Nach einer ausgiebigen Stärkung mit Piroggen (gefüllte Teigtaschen) und in der Region weit verbreiteten Beefsteak Tatar, ging es an die Bar. Dort erwartete uns die erste kulinarische Überraschung des Abends: slowakisches Craft Beer.

Kaltenecker - Tokaj IPA

Kaltenecker – Tokaj IPA

Das oben gezeigte Bier ist aus einer Kooperation der Tokaj Macik Winery und der Kaltenecker Brewery hervorgegangen. Dem IPA wurden dabei im Lagertank Aszú-Trauben hinzugefügt, wodurch dieses einen leicht süßlichen und weinigen Geschmack erhält. Durchaus spannend und ein würdiger Abschluss unseres ersten Abends in der Tatra.

Am nächsten Tag ging es dann weiter in die Karloff Distillery. In der erst 2002 gegründete Destillerie empfang uns Ján Semanák, Geschäftsführer und Gründer der Brennerei, persönlich und gab uns eine ausführliche und sehr persönliche Führung durch seine Brennerei. Das Augenmerk lag dabei auf Tatratea, dem Hauptprodukt von Karloff. Tatratea ist ein Likör auf Tee-Basis, welcher in über zehn verschiedenen Geschmacksrichtungen hergestellt wird – dazu jedoch gleich mehr.

Wir begannen unsere Führung nämlich in einem noch nicht in Betrieb befindlichen Teil der Brennerei in denen uns Ján Semanák voller Stolz seine neue Anlage zur Vakuumdestillation vorstellte. Diese erlaubt die Destillation bei erniedrigtem Druck, wodurch sich die Siedetemperatur verringert und somit ein schonenderes Trennverfahren ermöglicht. Höchste internationale Standards also, die wir vor unserem Besuch in dem recht verschlafenen Örtchen ehrlich gesagt nicht erwartet hatten.

Anschließend ging es weiter in die Produktionshallen von Tatratea. Jeder Sorte Tatratea besteht dabei aus drei Kompenenten: Einem Tee-Mazerat, einem Frucht-Mazerat und einem Holz-Mazerat.

Verkostung der Mazerate

Verkostung der Mazerate

Nach individuellen Lagerzeiten werden die verschiedenen Mazerate vermischt und mit Zucker oder Stevia sowie Fruchtextrakten gesüßt und anschließend größtenteils per Handarbeit in Flaschen abgefüllt. Während der Führung durften wir dabei ca. 30 verschiedene Mazerate zu verschiedenen Zeitpunkten der Lagerung verkosten. Besonders spannend waren dabei die Holz-Mazerate, die nach mehrwöchiger Lagerzeit eine enorme Komplexität und Adstringenz aufwiesen, sich später aber unheimlich gut ins Endprodukt einfügten.

Zum Abschluss der Führung ging es an die firmeninterne Bar, wo wir noch einmal alle Tatratea Sorten durchprobieren durfte.

Tatratea Verkostung mit Ján Semanák

Tatratea Verkostung mit Ján Semanák

Meine persönlichen Favoriten möchte ich hier kurz auflisten:

Tatratea 27 % – Der Tatratea 27 % ist der Tatratea mit dem zweitniedrigsten Alkoholgehalt und wird aus schwarzem Tee sowie Açai- und Aroniabeeren hergestellt. Der fruchtig-frische Likör eignet sich leicht gekühlt ideal für zwischendurch, zumal die Süße nicht dominant ist.

Tatratea 52 % – Tatratea 52 % ist der Klassiker der Linie und geschmacklich deutlich kräftiger als der 27er. Der hohe Alkoholgehalt ist durch den Zucker nur bedingt wahrnehmbar. Stattdessen stehe kräftige Tee-Aromen sowie der Geschmack von Süßholz und Himbeeren im Vordergrund.

Tatratea 62 % – Alkoholischer wirkt der 62 %ige Tatratea, welcher durch sehr feine Waldfruchtaromen überzeugt. Die Kombination von alkoholischer Intensität und Fruchtigkeit waren mir in dieser Form neu und machen den Tatratea 62 % zu einer idealen Mixzutat. Insbesondere Bramble-Varianten dürften mit diesem Likör hervorragend funktionieren.

Tatratea 35 % Tea Bitter & Herbal Tea Digestif – Im Gegensatz zu den anderen Tatrateas wird die 35er Linie nicht mit Zucker sondern dezent mit Rosinen, Feigen und Stevia gesüßt. Dies eröffnet völlig neue Geschmacksdimensionen, wie insbesondere der „Herbal Tea Digestif“ zeigt. Dieser besitzt ein intensives Minz-Aroma, welches sich mit klassischen Aromen von Kräuterlikören vereint. Gut gekühlt eignet er sich ideal als Digestif, wobei er neben einer verdauungsfördernden Wirkung auch noch den Gaumen erfrischt. Eher im Bereich traditioneller Kräuterliköre angesiedelt ist der Tea Bitter. Durch seine zurückhaltende Süße ist er jedoch eine gute Alternative zu bekannten Marken.

Nach der doch recht intensiven Verkostungsrunde an der Karloff Bar lud uns Ján Semanák noch in sein Büro ein. Wie man es von einem positiv Spirituosen-Verrückten erwartet, stand dort noch die ein oder andere Flasche zum Probieren bereit.

Ján Semanáks Büro

Ján Semanáks Büro

Der geneigte Leser vermutet sicherlich bereits, dass der Abend entsprechend trinklaunig endete ohne dabei jedoch an Seriösität zu verlieren. Stets konzentriert und voller Begeisterung für eigene und fremde Produkte nahm uns Ján Semanáks mit auf eine Reise durch die Welt der westlichen und östlichen Spirituosen, bevor er uns nach gut 10 Stunden in seiner Brennerei wieder in die Realität entließ. Der Weg führte uns daraufhin schnurstracks in unsere Betten, wo wir von Mazeraten, enthusiastischen Destilleriebesitzern und schmackhaften Likören träumten…

Robin Stein (†)

Robin Stein, Jahrgang 1987, war studierter Lebensmitteltechnologe und der Jüngste im Team. Sein Weg führte ihm nach dem Abitur 2006 über ein viermonatiges Praktikum in Pusser's New York Bar in München nach Bergisch-Gladbach, wo er eine Ausbildung als Hotelfachmann im Schlosshotel Lerbach absolvierte. Seine persönlichen Honigfallen waren Champagner, Obstbrände, Wein und Whisk(e)y.

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